Warteliste- Hilfreich oder Abschreckend?

Jeder Mensch wartet im Laufe seines Lebens etwa ein bis zwei Jahre auf etwas. Dabei ist es nicht immer leicht, die Geduld zu bewahren. Die Fähigkeit warten zu können, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und entwickelt sich ab dem Schulkindalter. Wenn wir an übliche Praxissituationen denken, fallen jedem ungeduldige Wartende ein, die das Grundschulalter selbstverständlich hinter sich gelassen haben. Die Fähigkeit des Wartens wird nämlich nicht nur vom Alter beeinflusst, sondern auch von der eigenen Impulskontrolle und Prägung. Erwachsene können in der Regel die Empfindungen, die mit Warten einhergehen besser verbergen, allerdings spielen in der üblichen Praxissituation verschiedene Faktoren mit hinein, die die Impulskontrolle schmälern. Insbesondere ist hier der Faktor des Gemütszustandes oder seelischen Verfassung zu nennen.

Die PatentInnen kommen mit einem aktuellen Befund, das heißt sie sind ungeduldiger als in beschwerdefreien Zeiten.

Beim Erstbesuch eines potentiellen Patienten oder Patientin können häufig keine zeitnahen Termine angeboten werden. Viele Praxisinhaber und -Inhaberinnen arbeiten mit Wartelisten, um den PatientInnen irgendetwas anbieten zu können. Eine Warteliste ist so aufgebaut, dass die Person, die als erstes auf der Liste steht den nächsten freien Therapieplatz bekommt, jedoch beginnt man am Ende der Liste. Es ist unbekannt, wann man an die erste Stelle rückt: „first come, first served“ Es gibt keine Rangunterschiede, sondern ein soziales Prinzip von Gerechtigkeit.

Wie zielführend ist eine Warteliste aus psychologischer Sicht ist?

Warten ist ein Zustand, der selten wertneutral ist. Er ist emotional behaftet und geht mit Hoffnung und Furcht einher. Die Wartenden können nicht alle ohne Rangreihung betrachten werden, da beispielsweise ein akuter Lymphstau, einem Kräftigungsprogramm vorgezogen werden sollte. Jedoch müsste aus dem sozialen Prinzip heraus festgehalten werden, welcher Schweregrad aus welcher Perspektive nun Vorrang hätte. Aus der Sicht des Wartenden löst längeres Warten mehr Unzufriedenheit aus auch, insbesondere wenn die Person nicht weiß, ob es sozial gerecht vorgeht. Mit zunehmenden Zeitverlauf wird die wartende Person aktiv nach einer anderen Lösung suchen. Ist der erste Platz auf der Warteliste erreicht, wird dieser nicht mehr benötigt. Die Empfangskraft wird nun die nächsten fünf Telefonnummern raussuchen, um den feien Platz zu vergeben. Um Fairness zu bewahren, wird die Person, die ganz aktuell ein neues Rezept eingereicht hat, ans Ende der Warteliste gesetzt. Auch diese mit Hoffnung und Furcht, um einen herbeigesehnten Termin.

Für die Empfangskraft ist das stringente Einhalten der Warteliste ein enormer Aufwand, der mit vielen Nachfragen und Beschwerden einhergeht. Nicht zu vergessen, dass das Rezept eines Kassenpatienten in dieser Zeit erneuert werden müsste und weiteren Arbeitsaufwand für alle Betroffenen entsteht.

Aus Sicht des Patienten oder der Patientin ist die Gefahr Unzufriedenheit auszulösen recht hoch, da die Wartezeit nicht determiniert werden kann, der Leidensdruck eventuell zunimmt und das Warten als Solches als Form der Machtausübung wahrgenommen werden kann – der Praxisinhaber stehe demnach über der wartenden Person. Zum Einen  ist das Ziel der Warteliste Gerechtigkeit herzustellen und zum Anderen darf Therapieverhältnis nicht vor der ersten Einheit gefährdet werden. – Über- oder Unterstellungsverhältnissen sind nicht hilfreich.

Es ist zu beachten, dass der Mensch in unsicheren Situationen ein Gefühl der Kontrolle behalten möchte, welches in der Situation zwangsläufig gefährdet ist. Ziel sollte es sein, das Gefühl der Kontrolle wieder zu geben und die Unsicherheit zu reduzieren.

Was kann man tun, um ethisch fair zu handeln und die Patienten und Patientinnen mit der Leistung zu versorgen?

Die wartende Person verbindet die Warteliste mit Fairness und einem systematischen Prozess. Sie muss also Wissen, welche Regeln zu der Warteliste gehören. Sind PatientInnen auf Grund der Schwere ihrer Erkrankung vorzuziehen, könnte eine Regel lauten, dass der Therapeut sich vorbehält akute Notfälle vorziehen. Um das Kontrollgefühl herzustellen, haben Praxen die Möglichkeit, wöchentlich einen Fortschritt auf der Warteliste mitzuteilen und gleichzeitig den bestehenden Bedarf zu ermitteln. Das Vorgehen wäre jedoch sehr aufwändig und ist abzuwägen.

Ohne Warteliste können kurzfristige Ausfälle durch aktuelle PatientInnen ersetzt werden. Diese werden ihre Erfahrung und positive Eindrücke weitergeben. Ohne wartende Personen, gäbe es keinen der akut unfair behandelt würde. Die PatientInnen, die vorher auf andere Praxen verteilt wurden, können bereits eine Gesundheitsleistung empfangen und haben keine nachhaltig negativen Erfahrungen mit der eigenen Praxis gemacht. Klare Kommunikation und stringentes Vorgehen bilden bei den bestehenden und den verpassten Patienten und Patientinnen ein nachhaltiges Gefühl der Seriosität.

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